SPDqueer Baden-Württemberg

Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung

Bischofskonferenz kritisiert Piusbrüder wegen des NS-Vergleichs

Veröffentlicht am 06.07.2009 in Presseecho

Zahlreiche Solidaritätsbekundungen an die Organisatoren des Christopher Street Day - Reaktion des Vatikans gefordert

Stuttgart (ae) - Die erzkonservative Piusbruderschaft mit Sitz in Stutt-gart hat erneut für einen Eklat gesorgt: Die Priester rufen zum Protest gegen den „perversen“ Christopher Street Day auf und vergleichen diesen Schritt mit dem katholischen Widerstand im Dritten Reich.

Dass der Christopher Street Day (CSD) alljährlich für Wirbel sorgt, ist dessen Organisator Christoph Michl, der Angriff der Piusbruderschaft toppe aber „alles bislang Dagewesene“. Die Bruderschaft ruft in ihrem aktuellen Mitteilungsblatt unter der Überschrift „Der Untergang des Abendlandes“ zum Protest gegen den für den 1. August geplanten „perversen“ CSD in Stuttgart auf. Dort heißt es ferner: „Wie stolz sind wir, wenn wir in einem Geschichtsbuch lesen, dass es im Dritten Reich mutige Katholiken gab, die sagten: Wir machen diesen Wahnsinn nicht mit.“ Auch heute müsse es mutige Katholiken geben. Ihr Appell an alle Familienväter und Männer lautet: „Stellt euch auf die Straßen und ruft: ‚Wir wollen nicht, dass unsere Heimat ein Sodom und Gomorrha wird!“

Eine Demokratie müsse unterschiedliche Meinungen aushalten, sagt Michl. Dieser Aufruf schlage dem Fass aber den Boden aus - dagegen müsse man sich wehren. „Wir sind geschockt über diese neue Dimension der Hetze gegen Schwule und Lesben.“ Er hoffe, die Stuttgarter distanzierten sich von solchen radikalen Strömungen, zahlreiche Solidaritätsbekundungen habe man bereits erhalten.

Gegen die Piusbrüder haben die Organisatoren des CSD mittlerweile Strafanzeige wegen Volksverhetzung gestellt. „Wir respektieren die Meinungsfreiheit jedes einzelnen, aber diese hat Grenzen, wenn eine Bevölkerungsgruppe verhöhnt und mit Mördern verglichen wird.“

In den vergangenen Jahren hatten die Piusbrüder die Parade durch die Innenstadt dazu genutzt, wenige Schritte von den Umzugsteilnehmern entfernt auf dem Marienplatz eine von der Stadt genehmigte Gegendemonstration abzuhalten. Bis zu 15 Priester im Ornat beteten Rosenkränze und hielten Plakate in die Höhe, auf denen laut Michl „Aids: Geißel Gottes“ und „Homosexualität gleich Inzucht“ zu lesen war.

Ein wenig bange ist dem CSD-Sprecher, wenn er an den 1. August denkt. Schließlich soll der Umzug durch die City eine friedliche Veranstaltung bleiben. Man überlege, die Stadt zu bitten, einen Platz für die Gegendemonstration der Piusbrüder vorzusehen, der weiter entfernt von der Umzugsstrecke liege.

Der Artikel der Piusbrüder sorgte auch gestern vielerorts für Empörung. „Eine Glaubensgemeinschaft in der katholischen Kirche, die homosexuelle Menschen mit den Nationalsozialisten vergleicht, ist untragbar“, sagte Steffen Schaffner, Landessprecher des Arbeitskreises der lesbischen und schwulen Sozialdemokraten. Die Diözese Rottenburg-Stuttgart ging auf Distanz zum Text der Bruderschaft. „Dieser Vergleich der Piusbruderschaft ist unverantwortlich“, betonte der Sprecher der katholischen Bischofskonferenz in Deutschland, Matthias Kopp. Der Zentralrat der Juden forderte eine Reaktion des Vatikans auf den NS-Vergleich.

Für eine Stellungnahme war der Sprecher der Piusbruderschaft gestern nicht zu erreichen.

Artikel vom 04.07.2009 © Eßlinger Zeitung

Facebook