SPDqueer Baden-Württemberg

Arbeitsgemeinschaft der SPD für Akzeptanz und Gleichstellung

Nicht nur schrille Vögel: Interview mit Steffen Schaffner, Mitorganisator des Stuttgarter CSDs

Veröffentlicht am 04.08.2010 in Presseecho

Am vergangenen Sonntag ist der Stuttgarter Chris­topher Street Day (CSD), süddeutschlands größtes schwul-lesbisches Festival, zu Ende gegangen. Steffen Schaffner war als Landesvorsitzender der Arbeits­gemeinschaft Lesben und Schwule in der SPD an der Organisation der Themenwoche beteiligt. Wir unterhielten uns mit dem 26-Jährigen über Gleichstellung und Toleranz.

Von Johannes Klemeyer

Herr Schaffner, der CSD 2010 ist vorbei - wie fällt Ihr Fazit in diesem Jahr aus?
Schaffner: Es war eine sehr gelungene und harmonische Veranstaltung, unter anderem mit einem schönen Empfang im Rathaus, an dem übrigens zum ersten Mal auch Oberbürgermeister Schuster teilnahm. Gut, dass er sich auch mal dazu bekennt, dass die Stadt bunt ist.

Stichwort »bunt«: Hat sich für Homosexuelle bezüglich ihrer Akzeptanz etwas getan?
Schaffner: Auf jeden Fall. Die Gesellschaft hat sich verändert, und damit auch das Bild von schwulen und lesbischen Menschen. Die 1998 eingeführte Homo-Ehe hat dazu sicherlich ebenso beigetragen wie Politiker wie Klaus Wowereit, der das Thema Schwulsein in die Öffentlichkeit der Gesellschaft gebracht hat. Heute wissen die meisten, dass wir nicht nur schrille Vögel sind.

Gilt das denn auch für eine Stadt wie Stuttgart?
Schaffner: In Stuttgart lebst Du im Alltag als Homo­sexueller eigentlich auch nicht anders als ein Heterosexueller. Die Stuttgarter Gesellschaft ist in dieser Hinsicht sehr offen und tolerant. Wenn in Stuttgart ein schwules Paar über die Königsstraße geht, schauen vielleicht drei oder vier Leute etwas komisch. Wenn man das in der als so locker geltenden Stadt Köln macht, weiß jeder gleich, dass Du ein Tourist bist.

Das verwundert im ersten Moment. Warum ist dem so?
Schaffner: Köln ist sehr katholisch geprägt. Da ist es selbst heute für homosexuelle Paare nicht selbstverständlich, sich händchenhaltend in der Öffentlichkeit zu zeigen. Aber generell gilt gerade für die Großstädte Deutschlands, dass man dort als Schwuler keine Probleme hat.

Hat man es demzufolge heute auch einfacher, sich als homosexueller Mensch zu bekennen?
Schaffner: Das persönliche »Coming-Out« ist gesellschaftlich einfacher, individuell aber genauso schwierig wie früher. Wenn Du etwa als Jugendlicher zum ersten Mal bemerkst, dass Du Männer attraktiv findest, hälst Du es zunächst für eine Phase, die vorübergeht. Wenn das dann aber nicht der Fall ist, bricht da erst einmal eine komplette Welt zusammen. Schließlich wachsen wir alle mit einem bestimmten Gesellschaftsbild auf. Und da ist es eben nach wie vor zunächst so, das man den Schulabschluss macht, dann die Ausbildung und dann eine Familie gründet - als Mann und Frau.

Womit wir beim Thema Adoption wären.
Schaffner: Ja, genau so ist es. Dass Recht homosexueller Paare, ein Kind zu adoptieren, fehlt zur absoluten Gleichberechtigung noch ebenso wie die wirkliche Gleichstellung der Homo-Ehe und das Hinterbliebenenrecht bei Beamten, die in einer eingetragenen Partnerschaft leben. Immerhin darf in Stuttgart die Eheschließung mittlerweile im Standesamt stattfinden, das war lange Zeit nicht so.

Weshalb gibt es denn diese bürokratischen Hürden noch?
Schaffner: Leider muss man sagen, dass abgesehen von Stuttgart Baden-Württemberg schon zu den Bundesländern gehört, die sich mit dem Thema Gleichstellung sehr schwer tun. Herr Mappus hat in diesem Jahr das Grußwort zum CSD ebenso verweigert wie einst Herr Oettinger. Wahrscheinlich sind sie das ihren konservativen Wählern schuldig.

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